Bosnische Literatur, und zwar zeitgenössische, ist nicht gerade ein häufiges Thema deutschsprachiger kulturwissenschaftlicher Sammelbände. Ein Grund mehr, die aktuellste Produktion von Literatur in Bosnien unter die Lupe zu nehmen.
Zwei Redaktionsmitglieder von textfeld südost, Elena Messner und Antonia Rahofer gaben im Juni 2010 den literaturwissenschaftlich-literaturkritischen Band "Zwischen dort und hier. Acht Annäherungen an die zeitgenössische bosnische Literatur" im Studia Universitätsverlag/Innsbruck mit Beiträgen von Davor Beganovic, Amir Nuhic, Barbara Natter, Elena Messner, Antonia Rahofer, Katrin Kuprian, Sonja Hauser, Simon Leitner und Laura Scheifinger heraus.
Dieses als zweiter Band der Reihe ›sprachraum‹ erschienen Buch nimmt die Eigenlogik von Orten sowie die narrative Modellierung des symbolischen Raumes Bosnien in den Blick. Speziell die Stadt
Sarajewo bildet dabei den Ausgangspunkt einer Suche nach den Widerständigkeiten des Gegenstandes und seiner literarischen Vermittlung. Die performative Dimension des Erzählens für die
Konstitution des Raumes bedeutet aber auch, dass sich die Frage nach der literarischen Inszenierung mit jener der Repräsentierbarkeit von Krieg, Zerstörung und der Darstellung von Freund- und
Feindbildern verschränkt. Welche textuellen Strategien entwickeln AutorInnen um das scheinbar Unbeschreibbare dennoch in Worte zu fassen? Aufbauend auf einer interdisziplinären Lehrveranstaltung
an der Universität Innsbruck im Sommersemester 2009 wendeten sich Studierende und Wissenschaftler der Vergleichendenden Literaturwissenschaft und Slawistik einer Auswahl literarischer
Inszenierungen des imaginierten, verdrängten, erträumten und erschriebenen Lebens- und Kriegsraumes Bosnien-Herzegowina zu.
Im Spannungsfeld zwischen kulturwissenschaftlicher Reflexion, Literaturkritik und Essayistik entstanden so acht unterschiedlichste Annäherungen an Texte von Ferida Durakovic, Alma Lazarevska, Miljenko Jergović, Dževad Karahasan, Saša Stanišić oder Nenad Velicković – und damit ein facettenreicher Einblick in eine bislang kaum thematisierte, aber höchst aktuelle Schreibkultur, die derzeit zugleich im Zentrum und am Rand Europas (ent)steht, zwischen dort und hier.
Stefanie Pichler steuerte dem Band ihre Zeichnungen bei, die von Texten der Autorin Alma Lazarevska inspiriert waren. Diese Auseinandersetzung mit der Autorin führte auch zu einer Ausstellung in Sarajevo.