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Ein Berliner Verlag für Literatur aus Südosteuropa

 

Elena Messner führte ein Gespräch mit Petya Lund, der Gründerin des eta-Verlags.

 

 

Petya Lund, Sie haben 2016 eine mutige Entscheidung gefällt: Sie haben einen Verlag gegründet, noch dazu einen mit Schwerpunkt auf südosteuropäische Literatur. Was war die Motivation hinter solch einem engagierten Projekt?

 

Der Verlag wurde gegründet, weil ich eine Lücke auf dem deutschsprachigen Büchermarkt gesehen habe – Autoren und Autorinnen aus Südosteuropa sind kaum präsent. Dabei gibt es viele wirklich gute, die überhaupt keine Chance haben, auf Deutsch verlegt zu werden. Es ist paradox, dass Südosteuropa literarisch fast vollständig unbekannt ist. Geografisch sind es wenige Kilometer zwischen Zentral- und Südosteuropa, in der Wahrnehmung der Menschen ist es aber eher ein anderes Universum. Motivation für die Entwicklung und Stabilisierung des Verlags ist, diese Tatsache zu ändern.

  

Wie würden Sie das Programm bzw. die Ausrichtung Ihres Verlags beschreiben?

 

Das Programm des Verlages ist vielfältig – wir haben mit Lyrik angefangen, es folgten einige Bände mit Kurzgeschichten, Romane und sogar ein Kinderbuch. Der Fokus lag bislang auf Autoren aus Bulgarien – in diesem Jahr haben wir ihn mit der Herausgabe zweier Autoren aus Serbien erweitert. Nächstes Jahr kommen welche aus Bosnien und Kroatien hinzu. Unser Ziel ist es, in wenigen Jahren möglichst viele Autoren und Autorinnen aus Südosteuropa zu repräsentieren.

 

Wie sehen Sie die Positionierung Ihres Verlags innerhalb des aktuellen deutschsprachigen Buchmarkts bzw. literarischen Felds?

 

Sie wissen sicherlich, dass die Situation für Kleinverlage in Deutschland äußerst schwierig ist. Wir haben wenige Möglichkeiten, unsere Bücher in den Buchhandel zu bringen. Die meisten Menschen kaufen ihre Bücher aber im Buchladen. Also brauchen wir deutlich mehr Sichtbarkeit, weswegen wir großen Wert auf direkten Kontakt mit den Lesern legen. Wir reisen zu Buchmessen und organisieren so viele Lesungen wie möglich. Zum Glück haben wir einige verlässliche Partner, die uns unterstützen, mitfinanzieren, Reisekosten für die Autoren bezahlen usw.

 

Welche Erfahrungen haben Sie bislang gemacht?

  

Der Verlag existiert seit 2016, die ersten Bücher kamen 2017 auf den Markt. Seitdem hat sich viel getan und verändert, aber es steht noch viel Arbeit vor uns. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass die Übersetzer und Übersetzerinnen eine zentrale Rolle spielen. Ohne sie wären Verlagsarbeit und Bücherpromotion nicht möglich.

 

Gibt es auch schon eine längerfristige Zusammenarbeit mit ÜbersetzerInnen oder mit Partnerinstitutionen?

 

Viele: mit den ÜbersetzerInnen Henrike Schmidt, Elvira Bormann, Andreas Tretner und Elvira Veselinovic; Und auch mit einigen Vereine oder Netzwerken: (p)ost karte(ll) hamburg e.V., Deutsch-Bulgarisches Forum Berlin e.V., Südosteuropa Gesellschaft e.V.; Traduki, Literatursalon Goethestraße Bonn, OstPost Berlin.

 

Verstehen Sie Ihre Arbeit auch als politische, und nicht nur als kulturelle?

 

Das ist eine sehr gute Frage. Ich würde sagen, dass Kultur und Kunst generell selten unpolitisch sind.

 

Die Themenbreite der verlegten Bücher ist sicher groß, welche Fragestellungen oder Perspektivierungen haben Sie als Verlegerin an den von Ihnen publizierten Büchern angezogen?

 

Mich interessieren Themen und dadurch Bücher, die wichtige Ereignisse in der europäischen Geschichte erzählen. Wie kommt es, dass Osteuropa 30 Jahren nach dem Mauerfall im Westen immer noch kaum bekannt ist? Wie haben die Menschen den Fall der Mauer damals erlebt, was geschah direkt danach? Das erzählt der Roman Parteipalast von Georgi Tenev, der von Elvira Bormann-Nassonowa übersetzt ist. Das Berliner Fenster von Saša Ilić, übersetzt von Elvira Veselinović, ist ein Roman, der gleichzeitig mehrere Geschichten erzählt: über das Dritte Reich, die DDR, Jugoslawien und Berlin in der jungen Vergangenheit. Es sind wichtige, schmerzhafte Themen und Geschichten, die Spuren und Erinnerungen hinterlassen. Das Entscheidende ist, dass wir durch persönliche Geschichten das Universelle erzählen. Letztendlich unterscheiden wir uns Menschen gar nicht so sehr von einander. Europa ist nicht besonders groß und das Gute lauert überall.

 

 

Das Interview wurde im Dezember 2019 geführt.

Homepage des Verlag: https://www.eta-verlag.de